Symmetrische oder unsymmetrische Kabel für HiFi?
„Hier gerät die Wiedergabe symmetrisch ebenfalls klar weiträumiger, luftiger und in sich beweglicher, was die Natürlichkeit und Anmut fördert.“
Ja, ich bin Symmetrie-Fan!
Wie man liest, loben auch andere die Vorzüge „vollsymmetrisch“ aufgebauter Gerätschaften und die damit verbundenen symmetrischen Signalverbindungen. Für mich ist diese Aufbau- und Anschlussform in allen Belangen überlegen: weniger Störungen, mehr „Wirkungsgrad“, weniger Probleme, z. B. wenn man mal kurz die Stecker während laufendem Betrieb umsteckt … Die physikalischen Hintergründe dafür und ob es auch symmetrische unsymmetrische Kabel gibt, erfahrt ihr in diesem Beitrag …
Was bedeutet eigentlich Symmetrie?
Das symmetrische Verfahren und die zugehörigen Verkabelungen stammen aus der Rundfunk-Technik. Dort sind die Leitungen üblicherweise sehr lang und damit besonders störanfällig. Das trifft ebenso auf die Technik im Aufnahme- oder Mastering-Studio zu: Dort werdet ihr vergeblich nach Cinch-Kabeln suchen …
Zurück zum Prinzip: Ein symmetrisches Signal liegt auf zwei parallel geführten Signalleitern an, einmal normalphasig und einmal um 180 Grad phasengedreht (gegenphasig).
Der Clou: Geräte mit symmetrischem Eingang verarbeiten lediglich die Differenz zwischen den beiden Signalleitungen, weshalb sie auch Differenzverstärker bezeichnet werden. Störungen, welche von außen nachträglich eindringen, verteilen sich gleichmäßig auf beide Signalleitungen, sind somit gleichphasig. Da bei einem gleichphasigen Signal keine Differenz zwischen den beiden Signalleitern besteht, wird dieses Signal vom Differenzverstärker auch nicht verarbeitet. Das gegenphasige Nutzsignal dagegen wird nach der Eingangsstufe in ein unsymmetrisches Signal umgewandelt – und weitergereicht zur Bearbeitung im Gerät (Verstärkung, Bass- und Höhenregelung, Lautstärke-Regelung etc.).
Dabei löschen sich alle gleichphasigen Störungen aus. Resultat dieser genialen Idee: Knacksen, Brummen und sonstige Störgeräusche, welche durch lange Kabelwege einstreuen können, sind passé. Willkommener Nebeneffekt: Der Nutzpegel steigt um 6 dB, was eine geringere Verstärkung erfordert und damit eine größere Bandbreite der Verstärkerstufen ermöglicht.
Ich habe das mal anhand folgender Grafiken illustriert:
1. Unsymmetrische Signalführung:
2. Symmetrische Signalführung:
Rechenbeispiel zur symmetrischen Signalführung
Ein Signal hat 5 Volt, das invertierte Signal entsprechend –5 Volt. Nun kommt ein Störimpuls von + 2 Volt hinzu:
- Finale Spannungsdifferenz am Eingang ohne Störimpuls: 5 V – (– 5 V) = 10 V
- Finale Spannungsdifferenz mit Störimpuls: 5 V + 2 V – (– 5 V + 2 V) = 10 V
Beim Empfänger herrscht also unabhängig vom Störimpuls eine Spannung in Höhe von 10 Volt vor, die Störung wird eliminiert.
Je länger die Kabel, desto mehr Einfallspunkte gibt es für potenzielle Störungen. Und desto mehr wirkt sich der Symmetrie-Effekt aus. Das bedeutet aber nicht, dass man automatisch unter Störungen leidet (im doppelten Sinn), wenn man (kurze) unsymmetrische Cinch-Kabel verwendet ;-) Und es heißt auch nicht, dass ein symmetrisches Kabel per se keine Störungen übertragen kann. Wenn die Störung schon im Gerät erzeugt wird, wird sie weitergeleitet, die Aufhebung bezieht sich auf den reinen Kabelweg.
Im Übrigen sind die ausgelöschten Störungen nur dann wirklich weg, wenn sie auf beide Leiterbahnen gleichermaßen wirken. Damit das so ist, sind hochwertige symmetrische Kabel verdrillt, denn dann liegen sie räumlich maximal dicht beieinander und bekommen im Fall der Fälle das identische Störsignal ab.
Symmetrische Verbindungen für Phono-MC-Abstaster
Das Signal eines MC-Systems ist prinzipbedingt – im Gegensatz zu dem seiner MM-Kollegen – immer symmetrisch. Selbst wenn ihr eine durchgehende Tonarm-Verkabelung besitzt, die mit Cinch-Steckern endet: Deren Verlötung ist trotzdem meist und sinnvollerweise symmetrisch.
MM-Tonabnehmer haben einen Massebezug nach außen. Und wenn ihr euch die Pins mancher MMs genauer anseht, werdet ihr feststellen, dass an einer Stelle eine verbreiterte Leiterfläche besteht, die ans Gehäuse geht. Dieses Signal ist dann nicht mehr „symmetrierbar“.
Generell sind die Kabelverbindungen im Phono-Bereich äußerst kritisch. Klar: die Signale werden vierstellig verstärkt, und jede Störung wird mit verstärkt. Deshalb knistert und brummt es munter auch an Analog-Setups, deren Preis ihr gar nicht wissen wollt …
Deshalb sollten im MM-Betrieb kurze Leitungen zum Einsatz kommen, und im MC-Betrieb konsequent symmetrisch gearbeitet werden. Aus meiner Sicht ist es absolut unverständlich, warum so wenige Phonovorstufen diese Anschluss-Option bieten.
HiFi-Redaktionen, die jahrzehntelange Erfahrungen mit Kombinationen von Tonabnehmern und Vorstufen besitzen, sehen beim symmetrischen Betrieb klangliche Vorteile – ich übrigens auch: MC-Tonabnehmer spielen „beschwingter, gelöster, freier und noch direkter“ auf, wenn sie „massefrei“ (siehe nächstes Kapitel) betrieben werden. „Klangreiner“ ist auch ein Begriff, der gern verwendet wird.
Aufwand und Vorteile eines symmetrischen Geräte-Aufbaus
In „normalen“, unsymmetrisch aufgebauten Geräten, wird die Masse doppelt genutzt: einerseits als Teil des Signals und andererseits zur Ableitung von einwirkenden Störungen auf das geerdete Gehäuse. Dem störungsfreien Betrieb sind somit Grenzen gesetzt, weil die Störungen mehr oder weniger mit dem Signal verarbeitet und somit auch weitergeleitet werden.
Anders sieht es in symmetrisch aufgebauten Geräten aus: Die Masse der Versorgungsspannung als auch die Signalmasse im unsymmetrisch ausgeführtem Teil des Gerätes werden an das geerdete Gehäuse angekoppelt, um Störungen abzuleiten. Das Nutzsignal wird am Ausgang wieder symmetriert (elektronisch oder per Übertrager), die Abschirmung des Kabels ist tatsächlich NUR eine Schirmung und hat nichts mehr mit dem Signal zu tun.
So wird ein Weiterreichen von Störsignalen in einer Kette unterbunden. Übrigens geht es nicht nur darum, ob man die Störungen als solche wahrnimmt oder nicht. Sogar sehr geringe, kaum wahrnehmbare Störungen können das Musiksignal nachträglich modulieren und somit verfälschen.
Ein symmetrisches Geräte-Konzept erfordert natürlich einen gewissen Aufwand – Differenzverstärker am Eingang, Signal-Symmetrierung am Ausgang (besonders kostenintensiv im Falle der Verwendung eines Übertragers). Ein vollsymmetrischer Verstärker muss mit besonders gut selektierten Bauteilen aufgebaut werden, sonst geht der Schuss nach hinten los. Alternativ kann der Ausgang auch extrem niederohmig ausgelegt werden, was für normale (kurze) Verbindungslängen bereits ein deutlicher Fortschritt ist.
Mein persönlicher Lieblingsübertrager von MK Analogue – vollsymmetrisch, was sonst?!
Symmetrische Verkabelung: Aufbau von XLR-Kabeln
Ein symmetrisches Audio-Kabel besitzt zwei identische Signalleiter sowie eine Abschirmung. Auf Pin 1 liegt er Schirm, auf Pin 2 das „hotte“ Musiksignal, auf Pin 3 das invertierte, „colde“ Musiksignal (phaseninvertiert, siehe oben).
Diese Kabel besitzen meist XLR-Stecker, die noch einen anderen Vorteil haben: Sie sind arretierbar und lassen sich deutlich unkomplizierter handeln als ihre Cinch-Pendants. Bei denen sitzt das eine mal locker, das anderen kriegst du kaum drauf gesteckt.
Es gibt neben den klassischen XLR-Steckern noch Mini-XLR-Stecker (z. B. bei Kopfhörern) oder ODU-/Lemo-Stecker. Letztere sind streng genommen die hochwertigsten, aber verdammt knifflig zu löten und sehr teuer. Die Eingänge des Phonolabs von Audiospecials sind im ODU-Standard ausgeführt.
Kleiner Exkurs: Nicht alle XLR-Kabel sind symmetrische Kabel: ein Digitalkabel mit 110 Ohm (AES/EBU-Standard) hat ebenfalls XLR-Stecker, verfolgt aber ein anderes Übertragungsprinzip.
Unsymmetrische Verkabelung: Aufbau von Cinch-/RCA-Kabeln
Am Anfang scheiße ich mal klug: RCA steht für „Radio Corporation of America“. Wir Deutschen sagen zum Mobiltelefon „Handy“ und zu RCA „Cinch“.
Und weil wir diesen Namen so toll ausgesucht haben, ist Cinch die häufigste HiFi-Signalverbindung.
In jedem Fall stehen beide Namen für eine unsymmetrische Signal-Verbindung. Technisch heißt das: Der innere Stift des Cinch-Steckers führt das Signal, das äußere Stück die Masse. Bei den zugehörigen „Weibchen“ (darf man das noch so sagen?!), den Cinch-Buchsen, ist die Verdrahtung die gleiche. Hierbei wird die Masse auch als Abschirmung verwendet, was von außen einwirkenden Störungen Tür und Tor öffnet.
Aber keine Sorge, es gibt bessere Varianten:
Coaxial aufgebaute Cinch-Kabel
Beim Coaxial-Kabel führt ein zentraler Leiter das Signal, die Masse wird über ein Schirmgeflecht übertragen, das den Leiter rundum umgibt.
Dieses Schirmgeflecht ist gleichzeitig Masse-Führung und Rückleiter, es besteht oft aus Kupferdrähten. Leider lässt es elektromagnetische Störungen durch, zum Beispiel von nicht gut abgeschirmten Netzkabeln. Und da die Masse Teil des Signals ist, ist das Ganze störanfällig. Am besten verlegt man die unsymmetrischen Kabel mit ordentlich Abstand (20 bis 30 cm) zu den Netzkabeln.
An der Stelle halten wir mal inne: Werfen wir einen Blick hinter die gängigen HiFi-Racks. Dort ist es meist verdammt eng, und da liegen verdammt viele Kabel. Also gar nicht so einfach mit dem getrennten Verlegen!
Damit nicht genug: Steckt man mal kurz um, z. B. um im laufenden Betrieb Geräte zu vergleichen, kann es ganz schön knallen. Und das sind nicht die Sektkorken, weil ein Gerät so klar besser klingt.
Schließlich nimmt die Störanfälligkeit zu, je länger der Signalweg ist. Typisches Beispiel sind Coax-Kabel zum Subwoofer mit mehreren Metern. Selten erlebt, dass so ein Konstrukt nicht brummt. Und gegen Brumm bin ich allergisch. Somit empfehle ich immer symmetrische Eingänge bei aktiven Subs.
„Halbsymmetrische“ Cinch-Kabel
Das sind die wertigeren RCA-Gesellen: Die besitzen einen eigenständigen Schirm, meist eine Aluminium- und/oder Polyester-Folie. Die schützt vor Brumm und den bösen Einstreuungen von Netzkabeln. Signale transportiert sie nicht, deshalb sollte sie nur an einem Ende des Kabels mit der Masse/Erde verbunden sein. Sollte? Ja: Ich habe das schon anders gesehen, und die Kabel waren nicht billig …
Bei diesen Kabeln gibt es demnach zwei Leiter für die Hin- und Rückleitung des Signals. Einziger Unterschied zur „vollsymmetrischen“ Verbindung: das zweite Signal ist nicht invertiert. Das heißt wiederum: Potenzielle Störungen werden nicht ausgelöscht, und die + 6 dB extra gibt es auch nicht.
Sehr konsequent macht es im Übrigen MK Analogue mit seinen Cinch-auf-XLR-Phonokabeln (oder umgekehrt) in Verbindung mit seinem Übertrager: Die Cinch-Seite ist symmetrisch angeschlossen, d. h. ohne Schirm. Dieser ist auf der XLR-Seite auf Pol 1 angelötet, welcher wiederum im Übertrager aufs Gehäuse gelegt ist. Durch die Verbindung des Massedrahtes mit dem Gehäuse ist eine vollwertige Abschirmung gewährleistet.
Meist haben gute Kabel auch eine bestimmte Laufrichtung, die entweder über >> gekennzeichnet ist oder die sich aus der Signalführung ergibt.
Rolle der Kapazität
Die Kapazität eines Kabels sollte so gering wie möglich ausfallen. Mit steigender Kapazität steigt auch der Kurzschluss-Strom zwischen den Leitern und gelangt immer mehr in den hörbaren Bereich. Bei einer symmetrischen Verbindung tritt dieses Problem erst gar nicht auf. Denn Schirmung als Signalleiter fällt weg. Die Kapazität von Leiter zu Leiter ist deutlich geringer als von Leiter zu Schirm, das kann gleich mal 100 pF pro Meter ausmachen.
Es gibt aber Cinch-Kabel mit sehr niedriger Kapazität, z. B. das Epilogue von Sommer Cable, bei dem 4 Adern über Kreuz verbunden werden. Da liegen wir nur bei 35 pF von Ader zu Ader, ein Spitzenwert.
Skin-Effekt
Ein weiterer Aspekt der Verkabelung ist der Skin-Effekt. Der liegt vor, wenn die höheren Frequenzen eines Signals an den Rand bzw. die Oberfläche des Leiters „gedrängt“ werden. Darunter kann die Dynamik leiden, sprich: die Differenz zwischen der leisesten und lautesten Passage der Musik kann kleiner werden. Inwieweit das hörbar ist, dass muss jeder für sich entscheiden.
In jedem Fall geht man auf Nummer sicher, wenn man Kabel wählt, die diesem Effekt vorbeugen: indem man Kabel mit vielen dünnen Einzellitzen verwendet, womit der Skin-Effekt deutlich verringert wird. Auch die Versilberung von Innenleitern kann eine Maßnahme sein: Silber leitet besser als Kupfer, was ebenfalls dem Skin-Effekt entgegenwirkt und die Auflösung im Hochton steigern kann.
Klingt XLR besser als Cinch?
Wie immer sind pauschale Aussagen im HiFi-Bereich schwierig, aber bezüglich Symmetrie gibt es wenig Widerspruch, wenn man die symmetrische Verbindung als die bessere bezeichnet. Klanggewinn im Highend-Sektor entsteht, indem man immer mehr potenzielle Störungen eliminiert. Dafür wird massiv Aufwand betrieben. Von Herstellerseite aber auch bei den HiFiisten zu Hause, Stichwort Netzfilter.
Wieso sollte man sich also eine hohes Störpotenzial ins Haus holen? Klar, einige Geräte sind (v. a. aus Kostengründen) eben nicht symmetrisch aufgebaut. Eine charmante Röhren-Phonovorstufe (im MM-Betrieb), warum nicht? Phono MM ist halt nun mal unsymmetrisch ausgelegt. Bei MC muss dann aber zumindest ein symmetrischer Übertrager davor hängen – wenn es nach mir geht.
Mal abgesehen von der Praktikabilität – ich habe mich schon länger klar auf die Symmetrie festgelegt, und ich kann es nur jedem nahelegen, diesen Weg (schrittweise) zu gehen. Das Potenzial für Klanggewinn ist durchaus hoch!
Aber Vorsicht bei Hörtests: Vergleicht ihr XLR- und Cinch-Verkabelungen bzw. die zugehörigen Geräte mit symmetrischer/unsymmetrischer Signalführung, achtet bitte auf den Lautstärke-Unterschied. Wir alle wissen: Lauter klingt (meist) besser, von daher sollte der Pegel fairerweise angeglichen werden. Probiert es aus, oder vertraut mir einfach ;-)
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