Was ist ein MC-Übertrager? Und welche Vorteile hat diese passive Phono Signalverstärkung?
Viele Jahre schon versuche ich, meine Phono-Wiedergabe zu perfektionieren. In meinem Beitrag zum perfekten Match von Tonabnehmer und Tonarm findet ihr bereits einige Tipps dazu. Nun geht es um die Verstärkung des Phono-Signals. Schon mehr als 25 Phonovorstufen haben meinen Hörraum besucht, denn ein Vorverstärker hat enormen Einfluss auf den Klang. Deshalb mussten viele der gehörten Kandidaten meinen Hörraum wieder verlassen.
Ein besonderes Augenmerk habe ich auf MC-Übertrager geworfen. Das sind Geräte ohne Stromversorgung, die die Erst-Verstärkung des Tonabnehmer-Signals übernehmen, bevor es dann weiter zu einer MM-Vorstufe geht. Gleichzeitig beeinflussen die Übertrager den Abschlusswiderstand eines Tonabnehmers, was wiederum mit ihrem Übersetzungsverhältnis zusammenhängt. Auf jeden Fall ist es Zeit, dieses Thema grundlegend zu behandeln und alles Wissenswerte zusammenzutragen, denn diese Geräte sind äußerst spannend und können eine Kette wirklich voranbringen …
Warum man einen Übertrager bei der Phono-Wiedergabe einsetzt
Es sind pragmatische Gründe, die viele zum Übertrager greifen lassen:
- Du besitzt eine Phonovorstufe, die nur für MM ausgelegt ist, und hast einen MC-Tonabnehmer erworben. Die Vorstufe hast du aber wahnsinnig lieb …
- Deine Vorstufe ist glaskolbenbestückt, und die Röhren haben im MC-Betrieb einen Signal-Rauschabstand, der nicht vom Feinsten ist.
- Du hast ein SPU oder einen anderen „besonderen“ Tonabnehmer, der an einem Übertrager besser klingt. (Dieses Phänomen gibt es, und der erzielbare Signal-Rauschabstand ist nicht der alleinige Grund, warum das so ist.)
Was macht ein MC-Übertrager?
Ein MC-Übertrager ist eine besondere Bauform eines Transformators. Er erhöht die Signalspannung eines Tonabnehmers linear, d. h. ohne eine RIAA-Entzerrung oder Ähnliches vorzunehmen. Es handelt sich also um eine reine MC-Vorverstärkung. Den Rest besorgt immer die MM-Phonovorstufe im Anschluss.
Das Spannende ist nun, dass die Verstärkung rein passiv erfolgt, und somit ein wesentlicher Störfaktor ausgeschaltet ist. Aber: die passive Anhebung der Spannung erhöht die Impedanz. Das ist grundsätzlich nicht schlimm, zumal MC-Tonabnehmer wie SPUs, Goldring Ethos, Hana Umami Red oder die von My Sonic Lab niederohmige Kandidaten sind.
Der Übertrager macht das Signal also hochohmiger, weshalb es typischerweise mit den 47.000 Ohm einer MM-Vorstufe abgeschlossen wird. Interessant wird es – bzw. ein besseres Matching zum idealen Abschluss eines MC-Tonabnehmers lässt sich damit herstellen –, wenn Abschluss-Impedanzen von 66.000 oder 100.000 Ohm bereitstehen. Das haben allerdings die wenigsten Phonovorstufen zu bieten.
Aufbau und Funktion eines MC-Übertragers
Ein Übertrager besteht aus zwei Spulen, die Seite an Seite liegen, und mittendurch läuft ein gemeinsamer Eisenstab. Um die Spulen ist Kupfer- oder Silberdraht gewickelt. Die erste Spule bildet mit ihrer „Primärwicklung“ den Eingang, die zweite Spule mit ihrer „Sekundärwicklung“ den Ausgang: Liegt an der ersten Spule eine Spannung an, wird ein Magnetfeld erzeugt, welches der Eisenkern an die zweite Spule weitergibt. Die dort erzeugte Spannung gelangt über den Übertrager-Ausgang zum MM-Eingang der Phonostufe.
Die Höhe der Spannungen (U1 und U2) ist direkt proportional zu den Wicklungszahlen der Spulen (N1 und N2). Eine Beispiel-Rechnung dazu: Wir nehmen ein Wicklungs- bzw. Übersetzungsverhältnis von 1:10 an und eine Ausgangsspannung des Tonabnehmers von 0,5 mV. Man multipliziert nun diese Spannung mit dem Übersetzungsverhältnis und erhält eine Ausgangsspannung von 5 mV. Damit sind wir bei einem Wert von klassischen MM-Tonabnehmern.
Illustration der Wirkungsweise eines MC-Übertragers: Magnetische Energie erhöht die elektrische Spannung von der Primär- zur Sekundärspule, gleichzeitig erhöht sich die Impedanz.
Der passende Abschluss-Widerstand beim Übertrager-Betrieb
Tonabnehmer schließt man mit einem Widerstand ab, damit sie ihren Klang voll entfalten können. Grobe Regeln dazu gibt es: In der Anleitung des Herstellers steht meist ein Wert mit Größer-Zeichen, d. h. er gibt eine Mindest-Abschluss-Impedanz an. Man liegt nicht schlecht, wenn man den Innenwiderstand des Tonabnehmers mit 10 multipliziert. Oft ergeben sich dann Werte um die 100 Ohm. Oft heißt beileibe nicht immer, und es gibt zahlreiche Tonabnehmer, die eher mit > 10 Ohm, > 50 Ohm oder – im anderen Extrem – mit > 500 oder > 800 Ohm abgeschlossen werden wollen.
Berechnung der resultierenden Impedanz
Kurzum: wer einen Übertrager verwendet, muss ich im Klaren sein, was dieses Gerät mit der Abschluss-Impedanz macht. Die Formel dazu ist gar nicht so kompliziert: Ein Transformator überträgt den Widerstand im umgekehrten Quadrat der Wicklungszahlen. Okay, ist doch ein wenig kompliziert. Machen wir eine Beispielrechnung.
Liegt am Übertrager-Ausgang ein typischer Wert von 47.000 Ohm der MM-Vorstufe an, und nehmen wir wieder das Übersetzungsverhältnis von 1:20 wie oben, erhalten wir: 47.00o geteilt durch 20 im Quadrat, also 47.000 geteilt durch 400, was dann rund 117 Ohm ergibt. Der Wert ändert sich entsprechend, wenn man an der MM-Vorstufe mehr Optionen zur Verfügung hat. Ich mach es euch mit meinem Rechner einfacher: gebt die Werte ein, und auf Knopfdruck erhaltet ihr das Ergebnis!
Hinweis: der Wert, den man hier erhält, kann man mit Hilfe von Anpass-Widerständen nicht erhöhen, sondern nur reduzieren (in den beiden Rechnern unten erscheint sonst ein negatives Ergebnis in Rot)
Komplexität bei der Berechnung des Abschluss-Widerstands
Alles also ganz einfach? Leider nicht, denn in der Praxis gibt es einige Parameter, die diese Formel etwas aufweichen:
- Die Spulenwicklungen des Übertragers haben auch einen Widerstand, der sich hinzuaddiert (nicht viel, aber eben doch etwas)
- Tonabnehmer, Stecker und Kabel weisen Induktivitäten und Kapazitäten auf (aufgrund Bauform, Materialien und Abmessungen), sodass eine weitere Unbekannte ins Spiel kommt.
- Je nachdem, ob der Übertrager vollsymmetrisch aufgebaut ist oder nicht, können sich unterschiedliche Idealwerte ergeben. Erfahrungsgemäß kann man den Abschlusswert bei symmetrischen Verbindungen etwas näher an den Mindestwert setzen.
Der beste Abschluss-Widerstand für den besten Klang
Einigen wir uns zunächst auf diese Aussage: um das Beste aus dem Tonabnehmer herauszuholen, sollte er den „richtigen“ Abschluss-Widerstand in der Kette vorfinden. Man sucht sich also einen Übertrager mit dem passenden Übersetzungsverhältnis aus. Noch besser einen, der zwei unterschiedliche davon bietet. Manche tun das und haben entsprechende Umschalter. Das ist wiederum ein neues Element in der Signalkette, das nicht vorteilhaft ist. Sehr schlaue Schaltungen versuchen daher, über zwei getrennte Eingänge die Flexibilität zu wahren und gleichzeitig die Verbindungsstellen auf das Allernötigste zu reduzieren.
Anpass-Widerstände für optimale Werte
Die wenigsten Übertrager bieten ein sehr intelligentes Feature bezüglich des Abschluss-Wertes: Sie weisen (meist in Cinch-Form) Buchsen auf, welche Widerstandsstecker aufnehmen können. Diese werden mit unterschiedlichsten Parallel-Widerständen bestückt bzw. verlötet, reingesteckt, und gut ist. MK Analogue bietet dieses Feature zum Beispiel.
Jetzt wird es formelmäßig nochmal komplizierter. Und um euch auch hier eigene Rechnerei und Excel-Akrobatik zu ersparen, habe ich zwei Rechner entwickelt, die euch genau aufzeigen, was mit solchen Anpass-Widerständen erreicht werden kann: Einmal gebt ihr euren Ziel-Abschluss-Widerstand ein, und als Resultat bekommt ihr den Widerstand, den euer Händler einlöten muss. Und das andere Mal ermittelt ihr, welcher Wert bei einem bestimmten Sekundär-Widerstand am Ende herauskommt. Toll, oder?
Kleiner Exkurs noch zum Thema Gain, der Lautstärke, mit der der Übertrager das Signal verstärkt: Dieser ist nicht gleichzusetzen mit dem Wicklungsverhältnis, sondern berechnet sich nach einer anderen Formel:
Gain in dB = 20 x log(Wicklungsverhältnis)
Probiert es aus!
Übertrager gut und schön – aber wohin damit?
Wir haben also gelernt: auch mit bestimmten Übertragern lassen sich passgenaue Abschluss-Widerstände realisieren, und zudem profitiert man von der passiven, sprich störungsfreieren Verstärkung. Eigentlich …
Im praktischen Betrieb sind Übertrager nämlich ziemliche Zicken, wenn der Hersteller nicht die notwendigen Maßnahmen zur konsequenten Abschirmung der Transformatoren und des Gehäuses unternimmt. Tut er das nicht, brummt es, und zwar nicht zu schlecht. Ich habe rein klanglich vielversprechende Kandidaten gehört, die – egal wo man sie auf dem Rack platziert hat – nicht brummfrei zu kriegen waren. Die fingen sich alles ein, was an Störpotenzialen so rumfliegt.
Deshalb ist für mich die Qualität eines Übertragers wesentlich von der Gehäusekonstruktion und der Kapselung der Übertrager im Innern abhängig. Hier sollte zum Beispiel MU-Metall zum Einsatz kommen, und das Gehäuse sollte schwer und gegen mechanische Erschütterungen gefeit sein. Zudem soll es vor etwaigen Mikrofonie-Effekten schützen.
Nur dann kann ein Übertrager seine Paradedisziplin, nämlich die passive Verstärkung ohne elektrische Störungen, voll entfalten.
Weitere Herausforderungen beim Übertragerbau
Neben der Gehäusekonzeption und dem generellen Schaltungsdesign ist für die Qualität des Übertragers entscheidend, dass er das Signal verfärbungsfrei weitergibt: Die Verstärkung soll linear erfolgen, kein Frequenzbereich soll vernachlässigt oder betont werden. Hersteller, die das hinbekommen, können Übertrager bauen :-)
Und was mir persönlich wichtig ist: Als Verfechter von vollsymmetrischen Verbindungen und Geräten (zum Beispiel die Phonovorstufen Audiospecials Phonolab und Linnenberg BACH) lege ich Wert darauf, dass ein Übertrager konsequent symmetrisch aufgebaut ist. Er ist vom Prinzip her symmetrisch, warum um alles in der Welt soll man diesen Vorteil kaputtmachen, indem man das Signal unsymmetrisch weiterführt? Abgesehen davon ist ein symmetrischer Aufbau ein weiterer Garant für Störungsfreiheit. Hinter dem Übertrager ist dann eine unsymmetrische Verbindung deutlich unkritischer, das zeigt auch meine Erfahrung beim Betrieb meines MK-Analogue SUT-1L zusammen mit der Canor Phono 2.10.
Klang-Genuss mit MC-Übertragern
Ein Übertrager, der
- verfärbungsfrei spielt
- gegen Einstreuungen und Störungen jeder Art geschützt ist
- symmetrisch aufgebaut
- und in Sachen Abschlusswiderstand passend ist (bzw. gemacht werden kann)
kann nur Vorteile für die eigene Phono-Kette bringen. Das Klangbild wird in der Regel offener, die Feindynamik nimmt zu, die Bühne wird etwas weiter und die Protagonisten entfalten sich besser. Man befindet sich ein Stück näher an der Wahrheit, näher am Tonabnehmer, vielleicht sogar näher am Masterband.
Gerade Röhren-Vorstufen profitieren von gut gemachten Übertragern, da sie ihre (manchmalige) Schwäche beim Signal-Rausch-Abstand damit kompensieren können. Und ihre etwaige besondere Tonalität kommt umso mehr zum Tragen, je störungsfreier das Tonabnehmer-Signal „erstverstärkt“ wird.
Manche Tonabnehmer verstehen sich – aus welchen Gründen auch immer – besser mit Übertragern. Ich möchte für mein SPU und mein My Sonic Lab keinen Übertrager mehr missen. Auch so manche EMT- oder Denon-103-Liebhaber schwören auf die passive Verstärkung (dann aber mit Übersetzungsverhältnis von 1:5 bis 1:10, so wie es der MK Analogue SUT-1M bietet).
Wie auch immer: ich kann euch nur raten, es auszuprobieren. Selektiert die möglichen Kandidaten anhand der oben genannten Kriterien und stellt Vergleiche an. Vielleicht seid ihr danach genauso fasziniert und überzeugt von dieser Technologie, wie ich es bin.
Mein persönlicher Lieblingsübertrager von MK Analogue
Deine Anfrage zu Übertragern
Alle Felder sind Pflichtfelder. Zu den Datenschutz-Bestimmungen