Tonabnehmer und Tonarm richtig auswählen und einstellen: Compliance, VTA, Azimut & Co.
Die Aufgaben von Tonabnehmer und Tonarm
Beginnen wir beim Grundprinzip der Analog-Wiedergabe von Schallplatte: Was den Klang ausmacht bzw. beeinflusst, sind die drei Komponenten:
- Laufwerk
- Tonarm
- Tonabnehmer
Weiter geht es zum Übertrager bzw. zu einer Phonovorstufe; ebenfalls Komponenten, die sich klanglich auswirken. Wir bleiben aber in diesem Beitrag „auf dem Plattenspieler“. Das, was wir wirklich hören möchten, ist das Signal aus der Rille, dem ein Tonabnehmer seine spezifische Note gibt. Deshalb kaufen wir verschiedene Systeme oder wechseln sie öfter. Deshalb lieben wir ein SPU wegen seines erdigen, groovigen, musikalischen Sounds oder ein Hana Umami Red aufgrund seiner einzigartigen, emotionalen Mitten-Wiedergabe.
Welche Rolle spielen dann noch Laufwerk und Tonarm? Das Laufwerk des Plattenspielers soll im Wesentlichen seine Runden drehen – mit exakter Drehzahl. Und es soll Störungen und Resonanzen aller Art eliminieren (z. B. durch gedämpfte oder luftgelagerte Füße, Tellerlager usw.). Auch zur Planlage der Schallplatte kann ein Laufwerk verantwortlich sein, sei es durch eine Zubehör-Klemme oder ein innovatives Ansaug-System wie bei den Techdas-Laufwerken. Ganz zu schweigen von der Rolle des Plattentellers. Alles in allem ein sehr komplexes Thema, das einen eigenen Beitrag verdient.
Welche klanglichen Eigenschaften soll ein guter Tonarm haben?
Soll er nun klingen oder nicht? Soll er der Wiedergabe seinen Stempel aufdrücken oder nicht? Ist er nur ein Utensil, das den Tonabnehmer auf die Platte drückt? Gute Frage, die je nach Philosophie unterschiedlich beantwortet wird. Meine Meinung: Ein Tonarm soll den Tonabnehmer
- exakt und souverän führen,
- keine „gegenläufigen“ Kräfte freisetzen
- Resonanzen aller Art vermeiden,
- und damit den Klang des Systems voll zur Geltung bringen.
Um diese Anforderungen zu erfüllen, sind zunächst sehr gute Lager mit Nulltoleranzen erforderlich. Dann spielt das Material bzw. der Materialmix des Arms eine Rolle. Dafür gibt es zum Beispiel beim Reed 1H einen Mix aus Carbon und Holz, der – messtechnisch nachgewiesen – die Resonanzen besser reduziert als ein reiner Carbonarm.
Auch Saphir ist ein interessantes Material, so beim neuen Tonarm von Kuzma für schlappe 19.900 Euro. Titan ist es beim Groovemaster III, Sikora setzt auf „kochfestes Aramidgewebe“.
Die schlimmsten Resonanzen, die entstehen können, sind die, die das Zusammenspiel von Tonarm und Tonabnehmer betreffen. Und damit sind wir beim eigentlichen Thema:
Wann passt ein Tonarm zu einem Tonabnehmer?
Wann passt ein Tonarm zu einem Tonabnehmer?
Zunächst sollte er passende Anschlüsse auf der einen und passende Gegengewichte auf der anderen Seite besitzen. Banal? Vielleicht, aber beide Aspekte gilt es beim Kauf zu bewerten. Wer ein SPU oder MPU betreiben möchte, braucht einen Arm, der einen „SME-Anschluss“ besitzt; und der die bis zu 37 Gramm schwere Tondose ausbalancieren kann.
Gesagt, getan: Man kauft man sich also einen SPU-tauglichen Arm mit entsprechender Masse, und dann kramt man ein ultraweich aufgehängtes MM-System aus der Schublade. Dessen hohe Nadelnachgiebigkeit (= Compliance) passt aber nicht zu diesem Arm – dazu gleich mehr. Und schon braucht man einen zweiten Tonarm, so schnell geht das …
Die entscheidende Größe für das Zusammenspiel von Tonabnehmer und Tonarm ist also diese ominöse Compliance.
Compliance = Nadelnachgiebigkeit eines Tonabnehmers
Die Compliance gibt an, wie hart oder weich die Nadelträger-Aufhängung ist. Ihre Maßeinheit ist µm/mN, und gemessen wird die Auslenkung der Nadel in Mikrometern (manche sagen auch Mü oder Mümeter), wenn eine Kraft von einem Milli-Newton auf sie wirkt. Es hat sich eingebürgert, auch nur die reine Zahl als Angabe zu verwenden. Korrekt wäre zum Beispiel: 10 µm/mN (10 Hz).
10 Hz oder 100 Hz? Compliance-Werte und Variationen
Die Angabe in Klammern hat es in sich. Der Standard ist die Messung bei 10 Hz. Dennoch messen einige Hersteller bei 100 Hz, z. B. Audio Technica. Wenn euch also ein solcher Wert über den Weg läuft, müsst ihr diesen mit 1,7 multiplizieren (ganz grob, auch hier gibt es eine Spanne, aber die hilft einem nicht weiter). Dann ist das Ganze vergleichbar, und das ist auch der Wert, der in den entsprechenden Rechnern zählt.
Damit nicht genug: Man unterscheidet zwischen dynamischer und statischer Compliance. Erstere zählt, und eine Regel besagt: Die statische teilt man einfach durch zwei, um die dynamische zu erhalten. Das stelle ich mal frech infrage:
- Audio-Technica OC9XSL: statische Compliance 22, dynamische Compliance 18 (bei 10 Hz dann ca. 30)
- Audio-Technica AT-33SA: statische Compliance 40, dynamische Compliance 10 (bei 10 Hz dann ca. 17)
- Audio-Technica AT-ART9XI: statische Compliance 25, dynamische Compliance 15 (bei 10 Hz dann ca. 25)
Tja, was sagt uns das? Dass Audio-Technica bezüglich seiner Angaben sehr speziell ist. Die Nadeln sind in der Praxis härter aufgehängt als es die offiziellen Werte vermuten lassen. Und dass man all diese Formeln nicht auf die Goldwaage legen sollte, weil man nicht weiß, wie welcher Hersteller das konkret misst.
Je höher die Compliance, desto besser die Abtastfähigkeit des Tonabnehmers?
Eine weiche Feder (Tonarm und Tonabnehmer bilden ein Feder-Masse-System) kann den einwirkenden Kräften leichter nachgeben. Resultat: Systeme mit hoher Compliance tasten tendenziell verzerrungsärmer ab, weil sie der Rillen-Modulation leichter folgen. Auf einer Testplatte erreichen gute MM-Systeme Werte von 100 µm, während MCs oft schon bei 50 µm der Saft ausgeht. Es gibt auch Ausnahmen: das Umami Red schaffte bei mir 90 µm, Bestwert für MC.
Sind dann weich aufgehängte (MM-)Tonabnehmer also immer besser? Auf keinen Fall, denn:
- Abtast-Auslenkungen über 60 µm kommen in der Praxis nicht vor.
- Massereichere Tonarme führen Tonabnehmer tendenziell souveräner und besser durch die Rille, haben mehr Kontrolle, schirmen andere Einflüsse besser ab, sind unerschütterlicher, wenn man so will.
Also ein MM an einem schweren Tonarm? Das harmoniert oft nicht. Denn die Nadelnachgiebigkeit stellt zusammen mit der effektiven bewegten Masse ein Masse-Feder-System. Und so ein System hat eine Resonanzfrequenz. Und Resonanzen sind Gift.
Daneben gibt es noch weitere Argumente, die für ein härter aufgehängtes MC-System sprechen: MCs haben eine geringere bewegte Masse und können bessere Rauschabstände erreichen, wenn die Phonovorstufe bzw. der Übertrager mitspielt! (Bitte keine Diskussion über MC/MM an dieser Stelle, beides hat was für sich in der Praxis!).
Einteilungen der Compliance
(Andere Grenzen sind gängig und legitim, aber nicht wirklich entscheidend.)
- Niedrige Compliance: hart aufgehängte Tonabnehmer (6 bis 12 µm/mN)
- Mittlere Compliance: mittelhart/mittelweich aufgehängte Abnehmer (11 bis 22 µm/mN)
- Hohe Compliance: weich aufgehängte Systeme(22 bis 30 µm/mN)
- Sehr hohe Compliance: sehr weich aufgehängte Systeme (30 bis > 40 µm/mN)
Einteilung von Tonarmen
Als quasi Gegenstück dazu teilt man auch Tonarme ein – in folgende Gewichtsklassen (Grenzen auch hier fließend):
- Ultraleichter Tonarm: 4 bis 5 Gramm
- Leichter Tonarm: 6 bis 9 Gramm
- Mittelschwerer Tonarm: 9 bis 15 Gramm (das Gros der heute gebräuchlichen Arme)
- Schwerer Tonarm: 19 bis 25 Gramm
- Sehr schwerer Tonarm: 26 Gramm und mehr
Dieses Gewicht wird MIT der Headshell gemessen. Diese Gewichtsklassen haben nur bedingt mit der effektiven (bewegten) Masse des Gesamtsystems zu tun. Und wie die Hersteller genau auf ihre Werte kommen, ist wohl auch unterschiedlich. Manchmal stellt sich bei Messungen mit einem Tonabnehmer, dessen Nadelnachgiebigkeit bekannt ist, heraus, dass der Arm eigentlich schwerer oder leichter sein müsste. Die Messungen wiederum haben auch ihre Fehlerquellen …
Tonarm und Tonabnehmer als Feder-Masse-System
Die Kombination aus Tonarm und Tonabnehmer ist ein Feder-Masse-System, das naturbedingt eine Eigenfrequenz besitzt. Diese hängt von der Feder-Härte und der Masse des Gesamtsystems ab. Das ist dann die entscheidende „bewegte Masse“.
- Je härter die Feder, desto höher fällt die Resonanzfrequenz aus.
- Je höher die Masse, desto niedriger ist die Resonanzfrequenz.
Schlecht ist, wenn diese Resonanzfrequenz tatsächlich angeregt wird. Dann schaukeln sich die Schwingungen auf und überlagern andere Frequenzen. Es kann zum Dröhnen und einer Verfärbung des Klangbilds kommen. Im schlimmsten Fall hüpft die Nadel bei basslastiger Musik aus der Rille.
Deshalb ist das Ziel, die Resonanzfrequenz unter 13 zu halten, 12 ist der gängige Oberwert. Interessantes Detail: Im HiFi-Jahrbuch aus dem Jahr 1976 steht , dass die ideale Resonanzfrequenz zwischen 12 und 18 Hz liege. Ist die Musik also basslastiger geworden?! Oder liegt es daran, dass damals eher weiche MM-Tonabnehmer und dazu schwere Arme in Mode waren? (Bis die leichten „tangentialen Stümmelchen“ à la Revox kamen zumindest).
Zielwerte für die Resonanzfrequenz von Tonarm-/Tonabnehmer
Ist es nicht ideal, wenn die Resonanzfrequenz möglichst tief liegt? Leider nein, denn:
- Die Eigenresonanz von Subchassis-Laufwerken mit federndem Brett liegt meist im Bereich von 2 Hz bis 5 Hz. Auch eine auf Luft oder anderen Dämpfern gelagerte Schieferplatte wie bei mir im Hörraum hat eine Resonanzfrequenz, in dem Fall bei 5 Hz. Ein Abstand zu diesem Wert ist also sinnvoll.
- Die Rille der Schallplatte ist nicht exakt rund, manche Platten sind dazu wellig. Das erzeugt Rillengeräusche und damit Stör-Wellen, die übertragen werden. Eine Shure-Studie hat ermittelt, dass 70 % solcher Wellen unter 5 Hz und 95 % unter 8 Hz liegen.
- Trittschall bewegt sich ebenso in diesem „Frequenz-Keller“. Das bedeutet, dass die Nadel bzw. das System über den Boden angeregt wird. Gut, man soll ohnehin nicht Sprungtänze vor dem Laufwerk aufführen. Aber es nervt halt trotzdem, wenn beim Auftreten die Nadel springt.
Kurzum: Grob soll die Resonanzfrequenz zwischen 8 Hz und 12 Hz liegen. So wird das Feder-Masse-System weder mit tieffrequenten Signal-Anteilen noch mit welligen oder unrunden Platten negativ beeinflusst. Übrigens: Die nervigen Laufgeräusche sind unabhängig von diesen Resonanzen hörbar.
Sind Werte außerhalb der Range schlimm? Kommt drauf an … denn:
- Die Reso des Gesamtsystems ist von den Hebelverhältnissen des Tonarms abhängig, sprich: von der Position des Gegengewichts hinten am Armrohr und – in geringerem Maße – der Position des Tonabnehmers im Headshell.
- Die Resonanzfrequenz tritt nie exakt bei der ermittelten Hertz-Zahl auf. Der Tonabnehmer resoniert in einer Range von sagen wir +/- 3 Hz. Nutzt eine Testplatte wie die HiFi News Test LP, dann könnt ihr das sehr gut nachvollziehen.
- Besitzt der Phonovorverstärker einen Subsonic-Filter, hat dies je nach Steilheit des Filters unterschiedliche Auswirkungen. Wer so einen Filter besitzt und einsetzt, kann z. B. bei der Resonanzfrequenz tiefer gehen, da diese Anteile dann elektronisch weggefiltert werden. Außer der Trittschall, der bleibt natürlich :-) Heißt in der Praxis, dass damit mehr Nadelnachgiebigkeit an einem schwereren Arm möglich ist.
Kurzer Einschub: Ungeachtet dieser Berechnungen spielen viele Tonabnehmer an bestimmten Armen besser und schlechter. Auch wenn die Compliance eines neueren Denon 103 deutlich höher ist als die damals mit rund 6 µm/mN (10 Hz) angegebene: Ich meine, dass dieser Tonabnehmer auch mit weicherer Nadelaufhängung an einem schweren Arm besser klingt.
Die Formel für die Resonanzfrequenz von Tonabnehmer und Tonarm
Nun aber zur Rechenformel, mit der sich die Resonanzfrequenz (näherungsweise) ermitteln lässt. Dazu brauchen wir die Masse von
- Tonarmrohr,
- Headshell,
- Tonabnehmer,
- Befestigungsschrauben.
Liegen diese Werte vor, stellt man folgende Rechnung an:
Resonanzfrequenz = 1000 / (2 * PI * Wurzel (effektive Tonarmmasse * Compliance) )
Einfacher geht es auch: Resonanz-Rechner von Vinylengine.
Noch besser ist es tatsächlich, eine Testschallplatte zu benutzen. Denn die oben beschriebene Einflussgröße des Gegengewichts ist nicht zu verachten. Je weiter hinten das Gewicht, desto niedriger ist die bewegte Masse. Und wie oben beschrieben, die Masse-Angaben für Tonarme sind – sagen wir – schwankend.
Die Abhängigkeit von der Position des Gegengewichts kann man sich übrigens zunutze machen: Man nehme einen leichten MM-Tonabnehmer mit hoher Compliance, beschwere ihn vorne mit einem Gewicht, sodass man das Gegengewicht weiter nach hinten platzieren muss. Jetzt funktioniert das MM an einem schwereren Tonarm besser. Klingt es dann auch besser?
Aus Erfahrung sage ich aber: Meist ist es klanglich von Vorteil, das Gegengewicht möglichst nahe am Lager zu platzieren (Stichwort: Souveränität, Führungsqualität). Von daher sucht man sich lieber einen passenderen Abnehmer oder einen flexibleren Arm. Zum Beispiel lässt ein Reed 5A den Tausch von Armrohren zu – mit wenigen Handgriffen.
Tonabnehmer und Zubehör
Azimut
Kurz vorab: Azimut schreibt man ohne h. Der Azimut beschreibt den horizontalen Winkel des Tonabnehmers bzw. der Nadel über der Platte. Im Lehrbuch wäre der exakt bei 90 Grad. Diese 90 Grad setzen voraus, dass der Tonabnehmer perfekt produziert ist, sprich der Diamant exakt senkrecht auf dem Nadelträger sitzt und letzterer exakt im Generator.
Das ist – meine vielen Tonabnehmer-Einmessungen bestätigen das – leider nur in 30 % der Fälle gegeben.
Insofern ist die Azimut-Justage für alle Tonabnehmer-Tonarm-Kombinationen sinnvoll. Denn erst, wenn dieser Winkel optimal eingestellt ist, harmoniert der Tonabnehmer mit dem Arm.
Die offensichtlichsten Schiefstellungen erkennt man mit bloßem Auge. Die meisten treten erst bei einer Messung zutage, sie sind aber trotzdem hörbar! Unterschiedliche Hersteller geben übrigens unterschiedliche Toleranzen an. Diese bewegen sich zwischen 1,5 und 2,5 Grad. Das ist gar nicht so wenig – wenn man von vorne auf ein „korrigiertes” Headshell blickt. Werte, die über 2,5 Grad hinausgehen, sollten auf jeden Fall beim Händler reklamiert werden.
Bei sehr gut produzierten Tonabnehmern wie denen von My Sonic Lab liegen die Korrekturen bei +/- 1 Grad oder darunter.
Messung und Korrektur des Azimuts
Ich empfehle das Fozgometer von Musical Surroundings, mit 459 Euro plus Testplatte deutlich günstiger als das Pegel Differenz Messgerät PDM-1 von Sperling Audio. Adjust+ von Dr. Feickert gibt es ja leider nicht mehr.
Ich habe aber diverse Versuche und Vergleiche mit ebendieser Software und dem PDM-1 angestellt, das Fozgometer liefert absolut brauchbare Ergebnisse. Eine taugliche Wasserwaage gibt es bei mir dazu, nachdem die von Dr. Feickert ebenso nicht mehr erhältlich ist.
Video: Vergleich Azimut-Messung von Fozgometer V2, PDM-1 von Sperling und Adjust+
Tonarme ohne Azimut-Einstellung?
Ein Tonarm ohne Azimut-Einstellung hat aus o. g. Gründen ein klares Defizit. Ist er für die SME-Headshell-Montage ausgelegt, könnte man noch argumentieren, dass der Azimut ja bei den meisten Headshells justierbar ist. Yamamoto hat solche Schräubchen integriert, aber es sind eben nicht alle Headshells im Winkel korrigierbar.
Der Tonarm Reed 3P macht die Azimut-Justage möglich, während die Schallplatte läuft. So kann man den Ausschlag am Messgerät live prüfen. Wichtig: eine bestimmte Position sollte etliche Sekunden eingehalten werden, da sich der Wert dann erst richtig einpendelt. Danach sollte man das Gegengewicht noch einmal „gerade“ nach unten korrigieren, je nachdem, wie stark der Arm gedreht wird.
Beim Groovemaster gibt es ein sehr kleines Schräubchen unten am Armrohr (auch bei SME-Tonarmen und anderen). Das ist etwas fummelig, aber okay.
Bei einem Kuzma 4 Point ist das Armrohr in zwei Teile aufteilt: der vordere Teil wird in sehr exakten Schritten mit einem Inbus gedreht. Der hintere Teil mit Lager bekommt nix davon mit. Auch eine vorbildliche Lösung.
Das Ergebnis eines korrekten Azimuts
Die korrekte Einstellung des Azimuts, die Anpassung an die Schieflage des Tonabnehmers quasi, wirkt sich klanglich positiv aus: Der Stereo-Effekt ist größer, Stimmen sind besser ortbar, die Protagonisten stehen eingemeißelt in der Mitte (wenn die Aufnahme das so will). Mehr Räumlichkeit entsteht.
Tonarm-Höhe (VTA = Vertical Tracking Angle)
Die Werte, die bei der Azimut-Messung ermittelt werden, hängen auch von der Tonarm-Höhe ab. Es lohnt sich, die zunächst ermittelte Stellung des Headshells mit unterschiedlichen Höhen zu testen und nochmalig zu messen (Range plus-minus 1,5 cm maximal würde ich sagen, die waagrechte Stellung wäre die Ausgangsbasis). Je höher dann der Ausschlag am Fozgometer, desto besser. Es ergibt sich aber nicht immer eine Änderung! Und danach sollte man erneut die Azimut-Einstellung optimieren und prüfen, ob sich bei der neuen Tonarm-Höhe ein ausgeglichenes Kanal-Verhältnis ergibt.
Die Tonarm-Höhe ist bei manchen Tonarmen nicht ohne Weiteres verstellbar: Rega zum Beispiel arbeitet nur mit Unterleg-Scheiben. Nicht mein Ding.
Beim Reed 3P geht das wiederum im laufenden Betrieb, für den Groovemaster gibt es eine Luxus-Basis, die dies ebenso erlaubt. Die meisten Tonarme im bezahlbaren Segment setzen auf eine Rändelschraube, mit der das Rohr im Flansch der Basis arretiert wird. Nicht die beste Lösung, aber immerhin.
Die Tonarm-Höhe und die Beeinflussung des SRA (Stylus Rake Angle)
Bei der Einstellung der Höhe des Arms geht es im Wesentlichen um den Eintauch-Winkel der Nadel. Im Lehrbuch liegt der bei rund 92 Grad (bei korrektem Auflagegewicht). Das ist dem Schneidstichel geschuldet, der beim Vinyl-Schnitt Material herausschabt. Und das soll sich nicht vor dem Stichel ansammeln.
Auch hier sieht die Praxis anders aus: Die Range geht von von 87 bis 97 Grad. Das klingt nicht viel, ist es aber: Eine Fehlstellung um 5 Grad zu korrigieren, bedeutet, den Tonarm um viele ZENTIMETER nach oben zu versetzen. Hört sich so kacke an, wie es aussieht? Kann durchaus sein.
Wenn man in Foren Sätze liest wie „Ich verstelle die Tonarmhöhe bei 200-Gramm-Pressungen, dann rastet auch da das Klangbild voll ein.“, muss ich schmunzeln. Das Thema VTA und sein Klang-Einfluss ist für mich das Parade-Beispiel für Psychoakustik. Denn allein die Wellung gängiger Platten hat zur Folge, dass ein Mensch, der 2 mm Höhenänderung des Tonarms angeblich klanglich wahrnimmt, nicht mehr genussvoll Schallplatte hören kann. Die allermeisten würden sich nach dieser Theorie verdammt nervös und unausgewogen anhören …
Einstellung des Stylus Rake Angles
Den richtigen SRA für seinen Tonabnehmer zu bestimmen, ist nicht ganz einfach. Das geht eigentlich nur mit USB-Mikroskop und Vermessung des Bildes. Von Acoustical Systems gibt es den „SMARTstylus“, eine Schablone, die man neben das Headshell stellt, um den Winkel der Nadel abzulesen. Um ihn dann ggf. via Tonarm-Höheneinstellung zu korrigieren. Mit allen Einschränkungen: Das Ablesen ist aufgrund des winzigen Diamanten beileibe nicht einfach.
Das intelligenteste Headshell dafür ist das Arche Headshell mit einem separat einstellbaren Montage-Plättchen, an dem der Tonabnehmer hängt. Man dreht unabhängig vom VTA an einem Schräubchen, das nur dieses Plättchen dreht. Damit sind wegen der besseren Hebel-Wirkungen auch größere Fehlstellungen auszugleichen.
Wie beim Azimut, so gibt es auch für VTA/SRA Kandidaten, die das Ganze per Gehör einstellen. Respekt dafür. Ich würde trotzdem die Messung präferieren. Das Resultat ist anschließend in 99 % der Fälle richtig gut.
Antiskating – Kampf gegen die Skating-Kraft
Eine Skating-Kraft zieht den Tonarm aufgrund der Rotation es Plattentellers nach innen. Das Ganze ist sehr komplex, die Kraft je nach Position auf der Scheibe unterschiedlich. Das Auflagegewicht und die Gesamtmasse spielt auch mit rein. Die LP hat umfassende Tests dazu gemacht und festgestellt, dass sich keine pauschale Regel aufstellen lässt. Zumal es zig Technologien gibt, das Skating via Antiskating am Tonarm einzudämmen: Feder, Magnet(e), Faden.
Fortschrittlich ist auch hier wieder Reed: Deren Antiskating-Vorrichtungen sind dynamisch, d. h. die Lage des Tonarms wird berücksichtigt. Einen echten Vorteil bieten Tangential-Tonarme, die haben aufgrund ihrer Konstruktion keine Antiskating-Kraft nötig, so der Reed 5A und der Reed 5T.
Peter Lederman von Soundsmith bezieht sich auf die meist einseitigen Nadel-Abnutzungen der Systeme, die er retippt, und folgert, dass das Antiskating meist zu hoch eingestellt wird. Das liegt aus meiner Sicht daran, dass die Signale auf den gängigen Testplatten zu extrem sind und die Wirklichkeit nicht wiedergeben. Hier sollte man den letzten Wert definitiv nicht zur Einstellung heranziehen – das als kleiner Tipp.
Dann gibt es noch die planen Testplatten ohne Rille. Schwierig, denn die Skating-Kraft ist nicht gleich der, wenn die Nadel in einer Rille geführt wird. Trotzdem bleibt mein Reed 5A auf einer solchen Platte mustergültig „stehen“. Ein Dynavector Karat dagegen gleitet selbst beim Tangential-Arm nach innen, das ist einfach dem Nadelträger aus Diamant geschuldet …
Eine weitere grobe Regel: Je größer die Auflagekraft, desto geringere Auswirkungen hat das Skating des Arms. Deshalb sagen manche, dass ein schwerer Arm und eine hohe Auflagekraft kein Antiskating mehr benötigen. Das sehe ich anders: Ich habe schon Tests gemacht, da hat es je nach Scheibe ein SPU so stark nach innen gezogen, dass die Nadel leicht gesprungen ist!
Fazit: die perfekte Ehe zwischen Tonabnehmer und Tonarm
Hat man sich gemäß der obigen Regeln eine passende Kombi angeschafft und alle Einstellungen via Auge, Messtechnik und Ohr durchgeführt, steht dem resonanzfreien und kanalgleichen Hörgenuss nichts mehr im Weg. So komplex das Thema ist, so spannend ist es. Umso mehr hoffe ich, dass ich mit diesem Beitrag sehr praxisnahe und nicht zu wissenschaftliche Tipps gegeben habe, um euer persönliches Analog-Vergnügen zu perfektionieren.
Analog-Tipps
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