“Neben einem hervorragenden Tracking verteilt (das Goldbug) einen sanften Realismus mit dem richtigen Hauch von Wärme gleichmäßig über den gesamten Frequenzgang. Ausgezeichnet! Besonders lobenswert ist der oberste Teil des Frequenz-Spektrums, der hell, aber immer anmutig und niemals schrill ist.“
Analoger Genuss abseits vom Mainstream
Es gibt Tonabnehmer in der Preisklasse von ca. 3.000 bis 3.500 Euro, bei denen man nichts falsch macht: Ein Hana Umami Red mit seinen wunderschönen Mitten mag ebenso begeistern wie die emotionale Neutralität eines AT-ART 20. Auf diesem Niveau lässt sich dann eher über Geschmack streiten als über ein „Besser“ oder „Schlechter“. Oder man präferiert schlicht und ergreifend eine bestimmte Marke.
Wer etwas selbstbewusster ist und sich auf etwas Exoterisches einlässt, für den habe ich einen heißen Tipp: The GoldBug heißt das Schmuckstück. Es wird unter der Marke AudioMaster21 vom italienischen Highend Urgestein Joseph Szall vertrieben.
Der hat ein ausgesprochenes Gespür für den Kern der Musik, für Wiedergabe-Ketten, die einen tief in die Darbietung hineinziehen. Da wippt man mit, ohne dass man es merkt. So geschehen beim Analog-Forum in Krefeld, wo er mit den winzigen AudioMaster 21 LS3/5a und riesigen Röhren-Boliden einen Charme ins Hotelzimmer zauberte, wie es nur wenige Vorführer schaffen. Übrigens hat er sich dabei bewusst für den MK Analogue MM-PH-AMP und den Übertrager SUT-1L entschieden. Was wiederum der Grund war, warum wir uns kennengelernt haben.
Zurück zum Thema: The GoldBug hat es verdient, mehr zu sein als ein Exot. Denn dieser MC-Tonabnehmer verkörpert die Musikalität, für die Joseph Szall lebt. Ein Abtaster, der mir wunderbare analoge Stunden abseits vom Mainstream beschert …
Die Geschichte von The GoldBug – und was es mit der Jugend von Joseph Szall zu tun hat
Bereits zu Studienzeiten war der Italiener Joseph Szall ein begeisterter Analog-Fan. Sein Lieblingstonabnehmer damals: ein modifiziertes EMT XSD15, das einen Nadelträger aus Boron besaß und einem Diamant mit dem sogenannten Paroc-Schliff. Diesen hat der Deutsche Dr. Weinz erfunden und in der Folge in Idar-Oberstein angefertigt.
Der Paroc-Schliff
Diese Diamant-Form bevorzugten die „jungen HiFi-Wilden“ aus Italien gegenüber den damals schon populären Retippings von van den Hul: Das VdH-Profil sei zwar detailreich, neige aber dazu, das Oberflächen-Rauschen des Vinyls zu betonen und habe einen zu hellen Klangcharakter. Das Paroc-Profil empfand Szall als viel musikalischer und „freundlicher“, insbesondere zu älteren LPs – gleichzeitig bestach es durch eine wunderschöne Feinauflösung, die aber nie ins Artifizielle und Nervige abdriftet.
Der Paroc-Diamant wurde auch von den Garrott Brothers in Australien (als Paratrace) populär gemacht. Den erhielt auch ein relativ günstiger MM-Tonabnehmer, der von Excel Sound in Japan als Parotronic 77, A&R P77 und Garrott 77 hergestellt wurde.
The Goldbug Mrs. Brier
Ein anderer (eher exotischer) Tonabnehmer, den Joseph sehr verehrte, war das „Goldbug Mrs Brier“ (spricht man so aus wie den Verteidiger von Bayern: Drier). Der stand damals schon für einen „schönen“ Klang. Das visuell Besondere war die Form des Gehäuses, die an einen Käfer erinnert, und dieses Gehäuse wurde von damals von einer japanischen Pfeifenmacherin, Yoshiko Sugano, gefertigt.
In jedem Fall war sein Traum-Abtaster Goldbug Mrs Brier damals für ihn unerschwinglich, und so griff er zu einem günstigeren „Goldbug Clement“ (identischer Generator) mit gebrochener Nadel und stattete den Abtaster bei Dr. Weinz mit dem Paroc-Schliff aus und hörte damit äußerst zufrieden Musik.
Rund 40 Jahre später hielt er „seinen Goldbug Mrs Brier“ in Händen und sinnierte über die einzigartigen Qualitäten des Tonabnehmers, diese „seltene Kombination aus üppiger Süße und übernatürlichen Details“.
Eines führte zum anderen, und so ließ Joseph Szall 2023 die Marke „The GoldBug“ wieder auferstehen. Die Fertigung erfolgt auf höchstem Niveau in Japan. Lalo Schall, ursprünglich Tonmeister für klassische Musik und „geheimer“ Entwickler von ultra-teuren Tonabnehmern (man munkelt Dart-Zeel), ist für den „Feinschliff“ jedes Exemplars zuständig.
Nadelträger, Diamant, Gehäuse und Generator
Wer die Historie zum The GoldBug gelesen hat, wird sich über die Ausführung von Nadel und Schliff nicht wundern:
- Boron-Nadelträger, leicht und steif
- Paratrace Plus Schliff, was im Endeffekt ein Paroc-Schliff ist
Den MC-Generator hat AudioMaster21 im Vergleich zum Vorbild Mrs. Brier dank neuer Materialien verbessert. Die Spulen des Generators sind über einen quadratischen Spulenkörper gewickelt. Bei der Wickeltechnik ließ man sich von EMT inspirieren, die genaue Art bleibt aber geheim.
Der Spulen-Kern besteht nicht etwa aus dem gängigen Neodym, sondern aus Samarium-Kobalt. Auch diese Facette soll die satte, warme Klangsignatur unterstützen.
Die interne Impedanz ist auf unkritische 8 Ohm eingestellt, um bestens kompatibel mit gängigen MC-Phonovorverstärkern oder -Übertragern zu sein.
Der Holzkorpus ist aus Ebenholz gefertigt, was zu noch mehr Laufruhe beiträgt. Dazu gesellt sich eine Metallschicht mit einer Bronze/Aluminium-Legierung. Der Material-Mix wiederum soll für die Klang-Balance und die Klangfarben verantwortlich sein.
So klingt The GoldBug
Das synkretistische Konzept des Tonabnehmers spiegeln sich im Klang aus meiner Sich klar wider:
- Der Bass ist druckvoll, sehnig, straff, ansatzlos – definitiv kein Bum, Bum, Bum. Der Tiefton hat Niveau, vergleichbar mit My Sonic Lab oder noch mehr EMT.
- Grundton und Mitten haben genau den Schuss Wärme, den es braucht, um ein wahrhaftes Analog-Feeling aufkommen zu lassen. Das klingt satt und farbenfroh, gleichzeitig immer ausgewogen und natürlich. Ein Schuss vom Hana Umami Red ist drin, würde ich sagen. Wobei mir der Grundton beim The GoldBug fast noch besser gefällt. Ein Audio Technica ART20 ist sicher nach highfidelen Maßstäben neutraler. Dafür spielt The Goldbug häufig näher am Herz.
- Die Höhen sind bewusst zurückgenommen und nicht „überzüchtet“, wie bei manchen auf Ultra-Auflösung getrimmten MC-Abtastern – ein weiterer Grund, warum The GoldBug so musikalisch und involvierend klingt. Es ist fürs längere, genussvolle Hören prädestiniert. Dass trotzdem feinste Details in der Aufnahme transportiert werden, ist faszinierend.
- Die Räumlichkeit ist beeindruckend: Bei Roger Waters‘ „It’s a miracle“ (Album „Amused to death“) scheinen die seitlichen Surround-Lautsprecher zu spielen. Stimmen stehen frei und felsenfest im Raum, Instrumente sind klar ortbar. Man hat das Gefühl, sie rücken immer ein paar Zentimeter weiter auseinander. Deshalb behält man auch in Tutti-Passagen immer den Überblick.
- Auch die grobdynamischen Fähigkeiten sind ausgeprägt, auch hier erinnert die Performance an My Sonic Lab, ohne voll und ganz ranzukommen.
Im Endergebnis ein absolut außergewöhnlicher Tonabnehmer, der modernes HiFi mit einem Schuss Nostalgie würzt und diejenigen massiv belohnt, die sich auf Abtaster abseits des Mainstreams einlassen.
The GoldBug – technische Daten und Preis
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