Wie wichtig ist was für die „perfekte Musik-Wiedergabe“
Gibt es die perfekte Musik-Wiedergabe überhaupt?
Hört man sich manche Aufnahmen über ein tolles Setup an, im passenden Raum und in der richtigen Stimmung an? Ja, dann hat man durchaus das Gefühl, es ginge nicht besser. Wenn man Gänsehaut bekommt und einem warm ums Herz wird – so soll es sein. Was aber ist wichtig, um den Weg zu einem solch einschneidenden Musikerlebnis sinnvoll und nachhaltig zu beschreiten?
Im hififorum.at wurde eine Liste veröffentlicht, die meine Meinung über die Wichtigkeit von Einflüssen bei der Musik-Wiedergabe enthält. Die finde ich grundsätzlich gelungen; an einigen Stellen habe ich meine eigenen Einschätzungen ergänzt und die Reihenfolge leicht modifiziert. Diese Liste sollte sich insbesondere jeder gut durchlesen, der neu ins HiFi-Hobby einsteigt. Mit dem erlangten Wissen wirst du vielleicht manche Magazine, Foren-Posts und Tests hinterfragen. Und Ihre Rückschlüsse und hoffentlich resultierende Maßnahmen können sich sehr positiv auf deine audiophile Karriere auswirken.
1. Die Aufnahme-Qualität
Hier ist nicht, wie manchmal kolportiert wird, das Quellgerät (Plattenspieler, CD-Player …), sondern der Tonträger (die Schallplatte, die Datei, die CD) gemeint, der die Aufnahme enthält. Dessen Qualität ist abhängig vom Mastering (Loudness War lässt grüßen), das Mastering wiederum vom Mix, der Mix vom Hörraum und der Lautsprecher-Qualität des Mannes vor dem Mischpult usw. „Shit in – shit out“ – so lautet eine geläufige Floskel dazu, und an der ist was dran. Wenn hier unsauber gearbeitet wird, ist fast nichts mehr zu retten. Außer man legt sich für jedes schlecht produzierte Musikstück (leider gibt es verdammt viele, trotzdem ist die Musik an sich gut) eine eigene Trinnov-Kurve zu. Kann auch ein schönes Hobby sein …
2. Die Raumakustik und ihre Interaktion mit dem Lautsprecher
An dieser Stelle fasse ich zwei aufeinanderfolgende Kriterien des Forumsbeitrags zu einem zusammen. Denn aus meiner Sicht ist genau das Zusammenspiel von Raum, Lautsprechern und deren Position im Raum der Schlüssel zum Glück. In einem akustisch schlechten Hörraum kllingen auch die besten Komponenten der Welt nicht gut. Insbesondere lange Nachhallzeiten verderben jedes Musikerlebnis, und raumbedingte Moden unangenehm auf den Hörer ein. Gegen letzteren Effekt hilft ein Trinnov. Den Nachhall bekommt auch der beste Prozessor nicht geregelt; hier hilft eine angemessene Einrichtung und andere akustische Raum-Maßnahmen.
Die Position des Hörplatzes wie auch die Position der Lautsprecher spielt die andere wichtige Rolle: schon Verschiebungen von einigen Dezimetern können das Stereobild zerstören und die Kanalgleichheit beeinflussen. Klar, die Position der Lautsprecher lässt sich in vielen Räumen architektonisch oder im Sinne einer funktionierenden Partnerschaft nicht beliebig verschieben. Die klanglichen Unterschiede können aber enorm sein. Auch wenn man über DSP-Korrekturen eine nicht perfekte Aufstellung ausgleichen kann, sollte die beste Position immer VOR einer Digital-Korrektur ermittelt werden.
3. Die Lautsprecher selbst
Lautsprecher sind die mit Abstand wichtigste Komponente jeder Musikanlage. Sie sind die entscheidenden Wandler, die elektrische Energie in Schall umsetzen. Dafür gibt es viele Konzepte und ebenso viele Kompromisse. Ich selber bin nach einer abwechslungsreichen (positiv formuliert) Odyssee bei einem aktiven Mehrwege-System gelandet, bei dem die Bass von den Mittel-Hochton-Komponenten räumlich getrennt sind. Um eben die optimale Interaktion der Lautsprecher mit dem Raum zu erreichen.
4. Verstärker
Die Messdaten guter Verstärker toppen immer diejenigen von Lautsprechern – auch der besten am Markt. Trotzdem sind sie wichtig, denn Verstärker müssen mit der Last und der Belastung der angeschlossenen Lautsprecher klarkommen. Zumal diese auch Ströme an den Verstärker zurückgeben. Auch wenn sich das bei moderaten Lautstärken nicht immer bemerkbar macht, kommt es bei höheren Pegeln zu Verzerrungen. Nämlich dann, wenn Lautsprecher und Verstärker nicht aufeinander abgestimmt sind. Das aktive Konzept ist in diesen Belangen immer das bessere. Ein Spezialfall sind die Phonovorverstärker, denen bei anspruchsvollen Schallplatten-Fans eine Schlüsselrolle zukommt. Zum einen muss der Phonopre für den jeweiligen Tonabnehmer geeignet sein (MC, MI oder MM) sowie Einstellungen für Kapazität (MM) und Abschlusswiderstand (MC) enthalten. Zudem sollte er einen geringen Geräuschabstand haben und einigermaßen unkritisch in der Aufstellung sein. Hier trennt sich sehr schnell die Spreu vom Weizen …
5. Die Quellgeräte
Es gibt viele sehr gute Plattenspieler (insbesondere auch gebrauchte Geräte aus der Hochzeit der Schallplatte, z. B. die alten Kenwoods oder auch Garrard- und Technics-Laufwerke). Die allermeisten CD-Player und Streamer selbst mittlerer Preissegmente sind ebenfalls klasse. Hier kann man mit kleinem Geld auf hohem Niveau einsteigen. Kleiner Tipp: wenn man die Chance hat, einen gebrauchten Kenwood KD-750 zu ergattern, und diesen mit einem hochwertigen System (SPU, Denon 103 oder natürlich die ganz edlen Systeme von My Sonic Lab) auszustatten, kann so manchen Dreher der Preisklasse jenseits der heutigen 4.000-Euro-Marke toppen.
6. Das menschliche Gehör
Jeder hört anders, ältere Menschen hören hohe Frequenzen zum Teil gar nicht mehr, und jetzt kommt’s: jeder von uns hört auch abhängig von Tageszeit, Stimmung, Lichteinfall und Stress-Level anders. Wenn du also beim Komponenten-Vergleich zwei Test-Kandidaten getrennt an aufeinanderfolgenden Tagen anhörst, können die wahrgenommenen Unterschiede am persönlichen Hörvermögen liegen.
7. Die Kabel …
Der unwichtigste Punkt der ursprünglichen Forumsliste. Ich teile die Einschätzung, dass es bei bisher durchgeführten „verblindeten“ Tests keinen signifikanten Hinweis für echten „Kabelklang“ gibt. Aber trotzdem gibt es diesen in unseren Köpfen. Selbst wenn es nur unsere Psyche ist, die uns etwas vormacht: Das Gefühl kann wunderschön sein, also warum darauf verzichten? Unabhängig davon haben Kabel immer einen gewissen Einfluss, z. B. auf die Störgeräusche in der Anlage:
- NF-Kabel sollten nicht unbedingt parallel zu den Netzkabeln verlegt werden, da dies Störungen verursachen kann.
- Manche Kabel bewirken ein Brummen wegen mangelnder Abschirmung.
- Eine Erdungsschleife zu viel oder eine zu wenig kann gerade bei der Phonowiedergabe störend wirken.
Die Bedeutung von Kabeln muss man stark von der übertragenen Energie abhängig machen.
- Vom Endverstärker zum Lautsprecher fließen hohe Energien und hohe Elektronenströme. Deshalb sollte ein Lautsprecherkabel einen bestimmten Querschnitt nicht unterschreiten (Klingeldraht führt zu aufgeweichtem Bass, ab 2,5 mm² bist du auf der sicheren Seite), um den Dämpfungsfaktor der Endstufen nicht unnötig zu reduzieren.
- Vom Quellgerät zum Verstärker fließen bedingt durch die Impedanz-Verhältnisse sehr kleine Ströme über die NF- oder XLR-Kabel. Deshalb können die Leiter geringere Querschnitte aufweisen. Schlangendicke Cinchkabel sind also physikalisch gesehen Humbug.
- Eine besondere Bedeutung haben Kabel im Phonobereich: die Verbindung zwischen Tonabnehmer und Phonovorstufe ist kritisch. Denn hier fließen bedingt durch die sehr geringen induzierten Spannungen entsprechend wenig Elektronen durch den Leiter. Ziel ist es aber, dass so viele wie möglich am anderen Ende ankommen. Deshalb sollte der spezifische Leiterwiderstand so gering wie möglich sein, und hier sind Silberkabel den Kupferkabeln überlegen. Es lohnt sich also durchaus, Silber-Verkabelungen zu testen.
Es ist überhaupt nichts gegen solide Kabel und Steckverbindungen zu sagen. In gewissen Bereichen sind sogar nachweisbare physikalische Effekte damit verbunden. Trotzdem ist die Behauptung, mit Kabeln klangliche Veränderungen ähnlich eines Geräte- oder Lautsprecher-Tauschs zu erzielen, mehr als gewagt.
Ein wenig anders sieht es bei der Stromversorgung aus, die aber nicht unbedingt mit den Kabeln zu tun hat, sondern mit dem Netz an sich. Es gibt Umgebungen, in denen sich mit Netzfiltern oder anderen Geräten Verbesserungen erzielen lassen, aber auch hier gilt: erst den Blindtest machen, dann final urteilen.
8. Das Rack
Hier ergänze ich die ursprüngliche Liste, und zwar vor allem für die Phono-Fraktion. Und eigentlich gehört es für diese Anwendung sogar direkt zum Quellgerät Plattenspieler (vgl. Punkt 5) und damit weiter nach oben: Ein Plattenspieler, der nicht auf stabilem, ggf. entkoppeltem Untergrund vollkommen eben (im Wasser) steht, wird klanglich immer schlechter abschneiden als einer, der die optimalen Bedingungen vorfindet. Trittschall oder Luftschall überträgt sich auf den Tonabnehmer und damit auf das gesamte System: Die Wiedergabe leidet. Je höher der Pegel, desto mehr wirkt sich dieser Effekt aus. Senke mal zum Test die Nadel auf die still stehende Schallplatte und dreh’ dann den Lautstärke-Regler nach rechts. Irgendwann kommt es zur Rückkopplung. Wenn diese erst nach Verdopplung der normalen Hörlautstärke eintritt, ist alles gut. Wenn nicht, gilt es mit Maßnahmen zur Entkopplung zu experimentieren. In meinem Hörraum steht der Reed auf einer schweren Schieferplatte, die mit Industrie-Dämpfern entkoppelt ist.
Übrigens: man sieht in geposteten Bildern der heimischen Phono-Altäre bisweilen geöffnete Hauben während der Wiedergabe. Die Plattenspieler Haube ist ein absoluter Resonanz-Fänger – nimm sie im Betrieb immer ab.
Raumoptimierung: Stereo Vorverstärker (2.0 und 2.2 Setups)
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