AMG Viella – riemengetriebenes, ultra-präzise gefertigtes Masse-Laufwerk
Zeitlos schön, zeitlos präzise
Ich bin kein eigentlich kein Freund von Masse-Laufwerken. Die häufig an Bohrinseln erinnernden Plattenspieler-Boliden treffen in der Regel nicht meinen Geschmack. Die AMG Viella besitzt dagegen eine Formensprache, die aus einem Guss erscheint – zeitlos schlicht und zeitlos schön.
Das Laufwerk ist ein optischer Blickfang, aber ohne Effekthascherei. Und so klingt er auch. Nein: Er klingt eben nicht. Der Riementriebler der Präsisionsfanatiker von AMG lässt den Informationen in der Schallplatten-Rille freien Lauf. Er nimmt sich zurück und dreht unerschütterlich seine Runden – in vorbildlicher Soll-Geschwindigkeit. Gegen Stör-Einflüsse jeder Art scheint er immun.
Dies stützt die Theorie, dass durchdachte Konzepte in Kombi mit ultrapräziser Fertigung ein Garant für ein highendiges Hörerlebnis sind.
Die AMG Viella ist einer der wenigen riemengetriebenen Plattenspieler, der mich voll überzeugt. Deshalb steht das Laufwerk bei mir im Hörraum …
„Wer aber ernsthaft daran interessiert ist, was wirklich auf sein Vinyl gebannt wurde, wird sich kaum einen engagierter und aufrichtiger agierenden Partner wünschen können. Dann wären da noch das attraktive Design, die innovativen, eigenständigen technischen Lösungen und natürlich die maßstabsetzende Verarbeitung. Unterm Strich: eine echt runde Sache.“
Optik und Haptik vom Feinsten
Machen wir uns nichts vorher: Entscheidungen für ein Plattenspieler-Laufwerk sind nicht selten vom visuellen Geschmack geprägt. Schön, dass es die AMG Viella in mehreren Gestaltungsvarianten gibt!
Streicht man mit der Hand über die edlen Oberflächen aus „Flugzeug-Aluminium“, oder lässt man den schweren Teller sanft auf Lagerblock/Subteller gleiten, dann spürt man förmlich, wie viel Liebe zum Detail und wie viel Akribie die Analog Manufaktur Germany in ihre Laufwerke fließen lässt.
Das ist „Made in Germany“ auf die Spitze getrieben. Gut so, denn es hören ja alle Sinne irgendwie mit …
Motor, Lager, Teller, Klemme: durchdacht für die Ewigkeit
Der Antrieb: flüsterleise und äußerst exakt
Der bürstenlose Gleichstrommotor besitzt drei Spulen und ein aufwändiges Lager, die Schwungmasse beträgt beachtliche 400 Gramm. Die internen Umschalt-Ströme wechseln nicht „rechteckig“ wie sonst üblich, sondern sinusförmig. Sinn des Ganzen: ein deutlich ruhiger Lauf. Wenn ich das Ohr direkt ans Laufwerk halte, höre ich schlicht und ergreifend nichts. Nada. Niente.
Damit der Motor die Drehzahl exakt einhält, überprüft ein Mikroprozessor die Drehzahl. Bei Bedarf wird die Spannung nachgeregelt. Initial sollte man die Einstellung feinjustieren, das geht in 0,05-Prozent-Schritten! Leider, das ist ein kleines Manko, benötigt man dazu ein externes Werkzeug:
- ein Handy mit einer entsprechenden App, die die Drehzahl misst, wenn das Gerät auf dem Gegengewicht des drehenden Tellers liegt, z. B. Turntable Speeed (App für Android, App für iOS)
- Die App „Grooved“ für iOS, bei der man nur ein bekanntes Musikstück mit einem guten Beat abspielt und dann ein Feedback zur Geschwindigkeit erhält (über Mikrofon, funktioniert erstaunlich gut)
- eine Stroboskop-Scheibe
- eine Stroboskop-Scheibe von Clearaudio und den Speed-Light-LED-Emitter (Dann kann die Messung risikolos erfolgen, während die Schallplatte aufliegt)
Die AMG Viella hat was auf Lager!
Das Lager ist für mich das Herzstück des Viella Laufwerks: Es handelt sich um ein hydrodynamisches Gleitlager, welches mit einer wirklich sensationellen Laufruhe überzeugt. Im Gegensatz zum kleineren Modell, dem AMG Giro MK2, ist die Unterseite des Lagers direkt in das Chassis integriert, es ist also noch mehr „aus dem Vollen“ gedreht was der Präzision und der Minimierung von Vibrationen zugute kommen soll.
Weitere Lager-Eigenschaften
- 20 mm dicke gehärtete Achse mit poliertem Radius an der Unterseite, die auf einer Teflon-Scheibe läuft
- Lager-Flüssigkeit aus der Luftfahrtindustrie (gilt als Firmengeheimnis und wichtiges Detail)
- lebenslange Schmierung über Öl-Reservoirs an der Seite
Die Lager-Flüssigkeit befindet sich also in den beiden Öl-Reservoirs links und rechts vom Lager sowie im Bereich um die Teflon-Scheibe. Durch zwei Querbohrungen an der Zwischenwand von Reservoir und Lager-Gehäuse gelangt das Öl exakt in die Lager-Mitte. Die Lager-Achse findet damit immer ein ausgeglichenes Druck-Verhältnis vor. Die Lager-Mitte ist nach oben offen, so wird das Druck-Verhältnis ausgeglichen. Deshalb gibt es übrigens eine Transport-Sicherung aus Filz: So kann das Öl nach oben nicht austreten.
Übrigens sagt AMG, dass die Lebensdauer dieses Lagers die der Laufwerksbesitzer in der Regel überdauere …
Plattenteller und Schraub-Klemme
Der Subteller, aus massivem Alu gefräst, befindet sich auf der Achse, und darauf sitzt dann der massive und ebenso makellos gefertigte Plattenteller. Die Reibungsverluste sind bei dieser Konstruktion sehr gering. Der Plattenteller dreht lange weiter, wenn man den Motor gestoppt hat.
Der 12 kg schwere Plattenteller besteht aus Aluminium, oben ist noch eine PVC-Schicht aufgebracht. In der Mitte befindet sich ein kleines Kunststoff-Plättchen, das seinen Sinn erst zusammen mit der Schraub-Klemme ergibt: Es erhöht die Schallplatte in der Mitte, und das Gewicht presst die Scheibe dann nach unten, sodass sie plan(er) liegt. Das funktioniert ausgezeichnet, das Prinzip findet auch bei der DÄD!CLÄMP seine Anwendung.
Interessant für mich: Obwohl ich bis dato immer einen klanglichen Fortschritt mit anderen Plattenteller-Auflagen oder besonderen Platten-Gewichten wie dem Yamamoto RS-1 erzielen konnte, ist bei der Viella das „integrierte“ System für mich absolut überzeugend. Ab und an hat dann aber doch das Yamamoto-Gewicht (dann ohne das Kunststoff-Plättchen) die Nase vorn. In jedem Fall spannend.
Riemenantrieb und Nachteile
Ein paar Worte von mir zum Riemenantrieb, weil ich ja als Fan vom Reed Reibrad „bekannt“ bin. Der Antrieb via Riemen ist bei AMG richtig gut umgesetzt, aber es ergibt sich natürlich ein Nachteil: Die Soll-Drehzahl wird erst nach ca. 20 Sekunden erreicht. Und man muss die Geschwindigkeit, siehe oben, zu Beginn korrekt kalibrieren.
Die Schallplatte kann bei laufendem Teller zwar gewechselt werden. Aber wenn man die Klemme benutzt, ist es ratsam, den Teller zuerst zu stoppen und danach die neue Platte(nseite) aufzulegen und zu fixieren.
Ich empfehle generell, den Teller erst mal einige Tage durchgehend drehen zu lassen, damit sich das Ganze „eingroovt“.
Die AMG Viella klingt nicht – gut so!
Warum soll ein Plattenspieler-Laufwerk oder ein Tonarm „klingen“? Also eine bestimmte Note reinbringen, die die Information auf der Schallplatte verfälscht? Das macht man doch über die Auswahl eines oder mehrerer Tonabnehmer, die klanglich bewusst abgestimmt sind: Ein DPU-103 für relaxten, groovigen Rock und Blues, ein fein auflösendes, absolut neutrales Audio-Technica ART-20 für audiophile Leckerbissen oder The GoldBug, das bewusst etwas „Warmes und Schönes“ ins Klangbild zaubert.
Ganz so einfach ist es nicht: Es gibt klangliche Nuancen, die trotz aller Neutralität wahrnehmbar sind: Ein Bass hat mal mehr und mal weniger Punch, obwohl das Mess-Diagramm in beiden Varianten die exakt gleiche Amplitude (und Phase) zeigt. Das kennen ich auch von Lautsprecher-Chassis, da ist der Unterschied noch viel größer. Ein anderes Beispiel ist der „Reibrad-Drive“ eines Reed Muse 1c, der eine extra Portion Dynamik, Schwung und mitreißende Lebendigkeit reinbringt – ohne dass man das objektiv messen könnte (Achtung: Manche behaupten, man kann alles messen, man braucht nur die richtige Methode … dann macht mal – ich würde mich über greifbare Ergebnisse freuen!)
Zurück zur AMG Viella: Die Präzision, mit der das Laufwerk gefertigt ist, sein Gleichlauf auf höchstem Niveau und seine schiere Masse deuten darauf hin, dass es – Highend-Maßstäbe angelegt – vorbildlich neutral aufspielt. Richtig: Es kommt genau das ans Ohr, was auf der Schallplatte drauf ist und was der Tonabnehmer zu Tage fördert (wenn er an einem Tonarm sitzt, der ihm freien Lauf lässt).
Die Charakteristik eines intimen Aufnahme-Raums kommt genauso authentisch rüber wie eine Stadion-Bühne. Wo keine räumliche Tiefe in der Aufnahme vorhanden ist, wird sie nicht künstlich hinzu gedichtet. Wo sie da ist, erfasst man ihre realistische Dimension. Bei Roger Waters’ Amused to Death bedeutet das wiederum, dass man das Gefühl hat, die seitlichen Surrounds spielen mit …
Was mir bei der Viella auffällt:
- Da ist ordentlich ansatzlose Dynamik und Punch vorhanden, wie ich es von riemengetriebenen Plattenspielern nicht unbedingt kenne. Saiten-Anrisse von Al di Meola, Drumkicks von Charly Antolini – das haut ordentlich rein, ist aber immer äußerst sauber und „sehnig“.
- Die Feindynamik sticht heraus, die AMG Viella liefert Details, die ein anderer Dreher verborgen hält. Man hat das Gefühl, das um jedes Schallereignis ein paar Kubik-Zentimeter mehr Raum existieren. Ein extra Deep-Dive in die Musik sozusagen. Gerade Orchester-Aufnahmen entfalten so ihre ganze Magie.
Gefällt mir die AMG Viella besser als mein Reed? Nein, beide agieren auf höchstem Niveau. Der Reed drückt etwas mehr, da ist noch mehr Energie im Raum, mehr leidenschaftlicher Schwung. Die Viella behält dafür ein wenig mehr Übersicht und wirkt noch unerschütterlicher. Geschmacksache, mit beiden kann ich vollkommen glücklich Musik hören.
Bevor ich es vergesse: An der Viella spielt bei mir der Reed 5a Tangential-Tonarm, ganz ohne die Litauer geht es dann doch nicht :-)
Die richtige Basis für den gewünschten Klang …
Vorab ein Lob: Das Laufwerk lässt sich dank der integrierten Libelle und der 3 Spike-Schrauben, die von oben via Schraubendreher erreichbar sind, sehr präzise und einfach einrichten. Wichtig: Die erste Einrichtung muss bei noch nicht aufgesetztem Plattenteller erfolgen, denn eine der Stell-Schrauben wird von diesem anschließend verdeckt. Die finale Feinjustage erfolgt dann mit Teller über die verbleibenden zwei Schrauben.
Stichwort Spikes: Diese koppeln das Laufwerk an den Untergrund an und machen nicht das, was z. B. ein Subchassis eines Thorens TD-1600 macht – nämlich den Bereich der Schallplatten-Abtastung mit Tonarm und Teller entkoppeln.
Ich bin Befürworter der Entkopplung, auch und gerade bei der AMG Viella. Funktioniert auf meiner auf Industrie-Dämpfern lagernden 75 kg schweren Schieferplatte ausgezeichnet. Sprich: Man koppelt das Viella Laufwerk hart an die Platte an, die dann wiederum vom Untergrund entkoppelt wird. Das Ganze ist dann ein großes, träges Sub-Chassis, wenn man so will. Und man hat klanglich eine Art Best-of-Ausbeute: Durchzeichnung, Transparenz, Feindynamik nehmen zu, dazu genießt man den straffen, drahtigen Bass bis in tiefste Lagen, den das Laufwerk zu produzieren imstande ist.
AMG selbst sieht mit einer Granitplatte (anstatt Schiefer) noch eine klangliche Steigerungsmöglichkeit, das konnte ich aber bis dato nicht nachstellen (gehe ich mal in Zukunft an).
Setze ich die AMG Viella direkt auf den (massiven) Eichen-Holzboden meines Racks, hört man das sofort: Der Bass wirkt etwas voluminöser, ist aber in Wahrheit etwas aufgedickt und überstrahlt Bereiche im Oberbass, Grundton und in den Mitten. Die Folge: Information geht verloren, das Klangbild verliert seine vorbildliche Neutralität, von der ich oben geschwärmt habe. Kann dem ein oder anderen gefallen, wirkt aufs erste Hören etwas wärmer und farbiger. Aber die Wahrheit, für die die AMG Viella steht, ist es aus meiner Sicht nicht.
Folgende weitere erschwingliche Entkopplungsvarianten sehe ich:
- Ein Mix aus den Lehmann Audio Point 3S Gerätefüßen – die Schwere Seite mit dem Teller hat deutlich mehr zu tragen als die beiden anderen Füße (179 € pro Set, wegen des so nicht erhältlichen Gerätefuß-Mixes bin ich mit Lehmann Audio in Abstimmung)
- Eine Thorens Absorberbase (169 €)
Wer es absolut kompromisslos möchte, der kann sich eine Seismion Reactio Plattform für ca. 6.000 Euro holen. Bei der kommt das wohl beste, weil aktive Entkopplungsprinzip zum Einsatz, wie es beim Thorens Reference bereits von Haus aus integriert ist.
Test-Zitate AMG Viella
„Fazit: Auch der AMG Viella 12 darf sich nun stereoplay-Referenz nennen.“
„Der AMG V12 offenbart intimste Details auf eine sehr natürliche Art … Gezupfte Saiten, Fingersätze und gestrichene Saiten kamen mit einem Punch, einer Geschwindigkeit und einer Mikrodynamik daher, die ich so noch nie gehört habe. Der V12 hatte eine gute Kontrolle über Zischlaute in Stimmen, und dennoch konnte man immer alle Nuancen einer Stimme und die Luft, die sie umgibt, hören, wenn diese in der Aufnahme vorhanden war.“
Technische Daten zur AMG Viella
Varianten, Upgrades, Pakete und Preise
Netzteil der AMG Viella – Upgrade möglich
Das Netzteil der AMG Viella sitzt in einem separaten Alu-Gehäuse – absolut sinnvoll. Das Verbindungskabel ist ausreichend lang, sodass es sich auch in größerer Entfernung platzieren lässt.
Das Linearnetzteil bietet eine stabile und saubere Ausgangsspannung bei geringen Störungen im Vergleich zu einem Schaltnetzteil. Zudem besitzt das Netzteil eine niedrigere Ausgangsimpedanz, was eine schnellere Reaktionszeit bei Leistungsschwankungen möglich macht.
AMG bietet auch ein Upgrade an: Das entspricht dann im Wesentlichen dem Netzteil des Top-Modells Viella Forte. Dort ist ein Ringkern-Transformator – statt des Blocktransformators im Viella Netzteil – integriert. Er reduziert die elektromagnetischen Streuungen noch weiter. Zudem ist eine Anzeige zur Phase auf der Rückseite integriert.
Ich persönlich habe das Viella Netzteil an einem Audes ST-3000 Trenntrafo hängen. Das funktioniert bei mir mit der Standard-Ausführung bereits hervorragend.
Dennoch wollte ich euch die Upgrades und deren Aufbau nicht vorenthalten.
Tonarme: alles denkbar
Das Design der AMG Laufwerke und Tonarme ist perfekt aufeinander abgestimmt, und natürlich sind die Tonarme von AMG ebenso präzise und durchdacht gefertigt, dass es eine Freude ist, daran herum zu schrauben.
Das Tolle an der AMG Viella ist im Vergleich zum AMG Giro MK2, dass sich im Prinzip jeder Fremdtonarm anbringen lässt, von 9,5 bis 12 Zoll. Die 9-Zöller von AMG (9W2 und 9WT) können nur via externer Basis verwendet werden.
AMG fertigt die Bohrungen für die gewünschte Tonarm-Basis auf Anfrage gern an, kostenlos natürlich nicht, aber das ist erschwinglich (rechnet mal mit 300 EUR). Dazu reicht ihr einfach die typischen Maßzeichnungen, Bohrabstände/Schablonen o. Ä. ein.
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